Kulturelle Gründe für ein Nein

Von Marcel Wittwer, Kantonsrat EDU, Schocherswil, 
vertreten durch Christian Caviezel, Kantonsrat EDU, Tägerwilen


Die Gesetzesrevision wird unter anderem mit dem Gesellschaftswandel und dem Wertepluralismus begründet. Niemandem soll vorgeschrieben werden, wie er an diesen fünf hohen Feiertagen zu leben hat. Dieses Argument strotzt nur so von Egoismus. So argumentiert, müssten sämtliche Restriktionen für Ruhetage oder Ladenöffnungszeiten fallen: Wieso soll ich nachts um 03:00Uhr nicht einkaufen gehen dürfen? Dass jemand für meinen Egoismus um 03:00Uhr arbeiten muss, wird völlig ignoriert. Mit dem revidierten Ruhetagsgesetz werden aber weiterhin Restriktionen an den Ruhetagen gelten, damit schreiben die Befürworter den Leuten selbst vor, was sie tun dürfen und was nicht. Konsistenz sieht anders aus, aber für Konsistenz wäre Ehrlichkeit gefragt und die findet sich in der Diskussion nicht. Die berühmte Salami-Taktik –  es ist eine Frage der Zeit, bis die Ruhetage gänzlich abgeschafft werden sollen, wiederum werden Befürworter den Gesellschaftswandel und den Wertepluralismus ins Feld führen. Die Gesellschaft befindet sich kontinuierlich im Wandel. Trotzdem oder genau deswegen sollten feste Werte verankert werden, die nicht von jeder neuen Mode umgestoßen werden. Dem Gesellschaftswandel wird in völlig ungerechtfertigter Weise ein immanent positiver Wert zugeschrieben. Ein Gesellschaftswandel kann jedoch genauso negativ sein. Wenn sich eine Krankheit in der Bevölkerung häuft, hat dies immer wieder auch mit einem Gesellschaftswandel zu tun. Ist ein solcher Gesellschaftswandel uneingeschränkt positiv? Wohl kaum. Politiker sollten den Gesellschaftswandel, auch Zeitgeist genannt, hinterfragen und sich nicht für billigen Opportunismus vor dessen Karren spannen lassen. Mit dem anderen Schlagwort Pluralismus wird mindestens so missverständlich hantiert. Es ist eine Binsenwahrheit, dass Menschen in einer freien Gesellschaft unterschiedliche Lebensentwürfe verfolgen dürfen und es auch tun. Nur, wenn jeder im Wertepluralismus existierende Wert gleichberechtigt neben den übrigen Werten besteht, welcher Wert setzt sich dann durch? Wie könnten wir dann auf Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau pochen: Es gibt Menschen, die sehen das nicht so. Eine liberale Gesellschaft ist zweifellos ein hohes Gut, eine Gesellschaftsform, die notabene über Jahrhunderte auf jüdisch-christlichem Boden – und nur auf diesem – hart errungen werden musste: Ich will in meiner Glaubensausübung ungestört bleiben, ein anderer möchte seine Freizeit mit Partys durchbringen. Irrtümlich wird aber individuelle Freiheit mit Beliebigkeit gesellschaftlicher und kultureller Institutionen gleichgesetzt. Fatalerweise dreht sich der Spiess langsam um. Im Namen der Liberalität soll alles aus der Öffentlichkeit verschwinden, das just diese Liberalität überhaupt gezeugt hat. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir uns damit grosse Probleme einhandeln werden. Ein Schritt dieses Kulturabbaus passiert mit dem revidierten Ruhetagsgesetz. Eine Kultur zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Gesellschaft über einen langen Zeitraum durch einen Normrahmen stabilisiert. Die Menschen finden in einer solchen Kultur Orientierung und Lebenssinn. Die tief verankerten christlichen Kulturelemente, wovon die hohen Feiertage eines sind, sind dieser Stabilisierungsfaktor. Wenn wir unsere christliche Kultur abbauen, wird eine andere Kultur das Vakuum auffüllen. Blicken wir in die Welt, sehen wir Chaos und Desorientierung. Welche Kultur sollte die unsere ersetzen? Sollten wir uns nicht umso mehr auf bewährte Werte zurückbesinnen. Werte müssen in einer Kultur eingeübt werden, dazu dienen die hohen Feiertage. Wir tun gut daran, uns wieder um unsere kulturellen Grundlagen des Christentums zu kümmern. Ein erster Schritt ist ein Nein zum revidierten Ruhetagsgesetz.